„Die Wärmestube sagt Danke!“ – Jahresrückblick und die Situation heute

Ein außergewöhnliches Jahr 2020 liegt hinter uns. Wie viele andere soziale Einrichtungen standen und stehen auch wir aufgrund der Corona-Pandemie vor vielen Herausforderungen.
Zwischen März und Oktober musste die Wärmestube für Besucher geschlossen bleiben. Auch unsere AGH (Arbeitsgelegenheit) – Mitarbeiterinnen wurden vom Jobcenter aufgefordert, zu Hause zu bleiben.
Die Hallesche Tafel, unser einziger „Lebensmittellieferant“, musste ebenfalls schließen.

Was tun?
Kurzfristig haben wir auf Notbetrieb umgestellt und ein eingeschränktes Angebot vorgehalten. Im Vordergrund stand die Ausgabe von Notpakten bestehend aus Lebensmitteln, Hygiene- und Drogerieartikeln sowie Kleidung. Besuchern wurde das Duschen, Wäsche waschen und die Toilettennutzung möglich gemacht. Beratungen wurden ausschließlich zur Existenzsicherung vorgehalten.

Wie war dies alles möglich und wer hat unterstützt?
Ohne die großartige Unterstützung der Hallenserinnen und Hallenser hätten wir es nicht geschafft den „(Not)betrieb“ der Wärmestube aufrecht zu erhalten. Dafür möchten wir uns auf diesem Wege noch einmal ausdrücklich bedanken!!!

Konkret:
Die Tischlerei (Behindertenwerkstatt) der Evangelischen Stadtmission in Johannashall hat uns dankenswerter Weise schnell geholfen und die zwingend erforderlichen Hygiene-Schutzwände geliefert. Neue ehrenamtliche Mitarbeiter/-innen sowie Praktikantinnen und Praktikanten haben den Notbetrieb in der Wärmestube abgesichert. Die Diakonie Mitteldeutschland stellte eine große Anzahl von Lebensmittelgutscheinen für Menschen in Not zur Verfügung. Erstaunlich viele Bürger/-innen der Stadt zeigten sich solidarisch und spendeten Gebrauchsgüter, Lebensmittel und auch selbstgenähte Masken. Sogar Geldspenden zum Kauf von Lebensmitteln sind eingegangen. So fanden wir beispielsweise an zwei Tagen hintereinander einen größeren Bargeldbetrag in unserem Briefkasten – anonym mit dem Vermerk: Danke! In der Weihnachtszeit spendeten Schüler/-innen der Montessori-Grundschule und des Georg-Cantor-Gymnasiums, aber auch Studenten der Evangeliumsgemeinde der Glauchakirche, Weihnachtspäckchen und persönliche Grußbotschaften an Obdachlose.

 

Seit Oktober dürfen wir, unter Einhaltung eines mit dem Gesundheitsamt abgestimmten Hygienekonzeptes, die Wärmestube wieder eingeschränkt öffnen. Unter anderem müssen wir die Platzzahlen deutlich reduzieren. Unsere AGH Mitarbeiter/-innen sind wieder im Einsatz. Viele Angebote wie z.B. Wäsche waschen, Duschen, die Ausgabe von Notpaketen und warmen Mahlzeiten sind wieder möglich. Die Tafel beliefert uns wieder wöchentlich mit Lebensmittel. Auch die Mittagsandachten dürfen seit Oktober wieder regelmäßig durchgeführt werden. Neben zahlreichen privaten Initiativen, erhielten wir auch von verschiedenen Unternehmen, wie z. B. der Saalesparkasse und Lebensmitteldiscountern, Zuwendungen. Auch wurden wir insbesondere von den Mitgliedern der Stadtratspartei, Die Linken, mit Geld und Sachspenden unterstützt.

 

Mission Speiserad:
Dieses Projekt ist ein Gemeinschaftsprojekt der Halleschen Tafel und der Wärmestube. Es ist aus der Idee entstanden, bedürftige Menschen zu unterstützen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Wir bringen zukünftig Notpakete mit Lastenrädern immer dorthin, wo sie sich aufhalten, z. B. nach Hause oder in Obdachlosenunterkünfte.

 

Sozialberatung:
Die Beratungszahlen sind seit März deutlich angestiegen. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Behörden seit längerer Zeit geschlossen und die Hotlines oftmals überlastet sind. Außerdem arbeiten viele Fachberatungsstellen sehr eingeschränkt und empfangen keine Klienten. Viele ausländische Bürgerinnen und Bürger sind auch wegen fehlender Sprachkenntnisse mit den bürokratischen Hürden überfordert und geraten so nicht selten in existenzielle Notlagen.

 

Aktuelle Situation:
Für obdachlose Menschen ist die Lage aktuell besonders prekär. Neben dem Notquartier der Stadt Halle, gibt es mit der Wärmestube, der Bahnhofsmission und dem Elisabethtisch lediglich drei eingeschränkt arbeitende Unterstützungsangebote in Halle. Diese reichen, auch wegen der unbeständigen Wetterlage, nicht aus, um bedürftige Menschen auch an Wochenenden und Feiertagen zu schützen und zu unterstützen. Gemeinsam mit unserer Diakonin Frau Herrmann haben wir den Vorstand gebeten, unserem Vorschlag die Wärmestube während der kalten Jahreszeit auch am Wochenende zu öffnen, zu prüfen und sich beim Fachbereich Soziales der Stadt für erweiterte Öffnungszeiten einzusetzen. Der Vorstand der Evangelischen Stadtmission unterstützt dieses Anliegen und hat eine entsprechende Anfrage an den Fachbereich Soziales der Stadt Halle gestellt. Wie inzwischen bekannt wurde, mussten Obdachlose das Notquartier, (seit Samstag 06.02.2021) nicht mehr 9:00 Uhr verlassen. Es wurde ein Saal im Hauptgebäude bereitgestellt, indem sich die Betroffenen tagsüber aufhalten können. Selbst mitgebrachte Lebensmittel durften dort konsumiert werden. Wir begrüßen diese Entscheidung des Fachbereiches Soziales ausdrücklich, hoffen aber, dass sie von längerer Dauer sein wird.

 

Heiko Wünsch
(Abteilungsleiter Sozialberatung und Tagesaufenthalt Wärmestube)